Projektbesuch in Peru

Im August 2018 besuchte ich unsere Projekte in Peru: das Radioprojekt an Landschulen in Cusco und die indigenen Studierenden in Puerto Maldonado. Besonders beeindruckt haben mich die Besuche in zwei indigenen Dorfgemeinschaften woher die jungen Studierenden herkommen. Mir wurde einmal mehr bewusst, was für einen Spagat sie schaffen müssen zwischen ihrer Herkunft und dem Stadtleben in Puerto Maldonado. In den Gesprächen mit ihnen wurde deutlich, wie schwierig es für sie ist, ihre Familie und Gemeinschaft zu verlassen und in der Stadt zu leben. Es ist offensichtlich, dass ihnen der Halt hier lange Zeit fehlt und eine Orientierung in dieser neuen Welt für sie extrem schwierig ist. Auf die Frage, was ihnen am meisten fehlt, kommt als Antwort zum Beispiel «das Fischen», mit Tränen in den Augen.

Projektbesuch in Peru

Die indigenen Studierenden kommen aus Dörfern, die weit weg liegen. Mit dem Boot sind wir auf dem Weg nach Palma Real und Santa Teresita, Dorfgemeinschaften, aus welchen einige der Jugendlichen herkommen, die in Puerto Maldonado studieren. Palma Real liegt etwa 3 Bootsstunden von Puerto Maldonado entfernt, Santa Teresita etwa 1.5 Bootsstunden.
Video: Auf dem Weg nach Palma Real

Es ist ein eindrücklicher Besuch in Palma Real. Nach einer Versammlung mit den Eltern der Jugendlichen führen wir mit ihnen zu Hause persönliche Gespräche. Die meisten Eltern sind Fischer und können sich das Leben in der Stadt nicht vorstellen.

Wir besuchen die Familie von Maribel Meshi Shanocua, die zur indigenen Gemeinschaft der Ese Eja gehört. Die Eltern sind froh, dass ihre Tochter eine Ausbildung zur Krankenpflegerin machen kann und kümmern sich während ihrer Abwesenheit um die 5-jährige Enkelin.

Zusammen mit Segundo Rogelio Zumaeta Saavedra besuchen wir seine Mutter im Dorf Santa Teresita. Es ist ein relativ kleines Dorf mit einer Primarschule. Es wird nun an einer grösseren Schule gebaut, die dann auch die Sekundarstufe einschliessen soll. Weil in seiner Gemeinschaft zweisprachige Lehrpersonen fehlen, macht Rogelio eine Ausbildung in interkultureller zweisprachiger Erziehung.  Rogelio gehört zur indigenen Gemeinschaft der Yine und ist das jüngste von zehn Kindern.

Signal suchen in Santa Teresita: Auf diesem Baumstrunk erhält Rogelio manchmal doch noch Handyempfang.

Auf der Fahrt zurück in die Stadt denke ich darüber nach, wie gross der Spagat ist, den die Jugendlichen bei ihrem Schritt zum Studium in der Stadt machen müssen. Und wie existentiell es für die ganze Gemeinschaft ist, dass dieser Schritt gelingt. Die Bedeutung der enorm engagierten Betreuungsarbeit unseres Projektpartners FENAMAD kann nicht überschätzt werden.

In Puerto Maldonado besuche ich das Studentenwohnhaus Casa Miraflores, wo die Studierenden während ihrer Ausbildung leben können. Das Haus sieht nun anders aus als vor einem Jahr. Mit Unterstützung von EcoSolidar wurden die Küche und die WC/Duschen renoviert sowie die Sicherheit verbessert (neue Türen, Hag, Schlösser). Die Studierenden halfen engagiert mit. In der Küche kochen sie zusammen, putzen und tauschen sich über den Tag aus.

Katya Mallea ist Projektleiterin und Psychologin bei unserer Partnerorganisation FENAMAD. Sie stammt selber aus Puerto Maldonado und engagiert sich mit Herzblut dafür, dass sich die indigenen Jugendlichen in der Stadt und im Studium zurechtfinden.

Als Psychologin betreut Katya die Jugendlichen individuell, um sie in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken und organisiert Gruppen-Workshops zur Förderung der Sozialkompetenz und der Persönlichkeitsentwicklung. Auch das Zusammenleben der Studierenden als Gemeinschaft steht im Zentrum. 

Die Casa Miraflores liegt in einer sehr schwierigen und gefährlichen Umgebung. Die Jugendlichen bewegen sich vorsichtig und sind froh, dass das Wohnheim aus Sicherheitsgründen neue Türen und Schlösser erhalten hat.

Katya ist für die Jugendlichen Ansprechsperson und Vertraute. Auf dem Besuch wird schnell klar, wie wichtig die Beziehung zu ihr für die jungen Studierenden ist. Hier warten wir am Fluss auf die Fahrt zu einer der Dorfgemeinschaften, aus der die Jugendlichen kommen.

Nach meinem Besuch im peruanischen Amazonas geht es weiter nach Cusco. Das Radio-Projekt, das EcoSolidar unterstützt, läuft weiterhin sehr erfolgreich und in Cusco geht es dieses Mal vor allem um organisatorische und strategische Fragen. In einer 8-stündigen Sitzung – vom Frühstück bis zum Sonnenuntergang – bespreche ich diese mit der Leitung.

Nach einer 4- stündigen Wanderung komme ich in Huch‘uy Qosqo an. Dort lerne ich zufällig Frau Cano und Herrn Huaman Quispe kennen, die mir erzählen, dass sie täglich das Radioprogramm Sisichakuna unserer Partnerorganisation Pukllasunchis hören, zusammen mit ihren Kindern. Den kleinen Radio haben sie immer mit dabei, auch wenn sie auf dem Feld arbeiten.